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Mercedes-Benz M278

Inhalt

  1. Einleitung
  2. Motoren im Überblick
  3. Leistungsunterschiede in der Theorie
  4. Fahrpraxis
  5. Eindrücke vernab der Fahrwerte
  6. Fazit

 

I. Einleitung

Im Jahre 2010 entschied sich Mercedes den im Jahre 2005 eingeführten V8 "M273" nach und nach in allen Baureihen durch den "M278" zu ersetzen. Downsizing war die Losung der Stunde - doch was bedeutet das für den Endkunden?

II. Die Motoren im Überblick

Mit Start der Baureihe 212 (W212 / S212) kam der aus dem W211 bewährte M273 zum Einsatz (mehr zum M273: Überblick / Schwachstellen).


M 273 KE 55 (hier im S211)

Erst im Jahre 2011 wurde dieser durch den neu vorgestellten, Turbo-aufgeladenen M278 abgelöst (mehr zum M278: Überblick / Schwachstellen).


M 278 DE 46 AL red.

III. Leistungsunterschiede in der Theorie

Neuer Motor - alles besser? Zur Beantwortung dieser Frage bietet sich ein Blick in die technischen Daten an:

  M273 M278
Leistung 387 PS bei
6.000 u/min
408 PS bei
5.000-5.750 u/min
Drehmoment 530 Nm' bei
2.800-4.800 u/min
600 Nm bei
1.600-4.750 u/min

Auf den ersten Blick keine nennenswerte Unterschiede. Doch sollte man einen zweiten Blick riskieren.

Auch bei graphischer Aufbereitung scheint sich der erste Eindruck zu bestätigen. Geht man jedoch weiter in die Details, zeichnet sich ein anderes Bild.

1. Alltag

Im Alltag werden die V8 in der Regel zwischen Leerlauf und 2,000 u/min bewegt. Vergrößern wir also diesen Bereich des Leistungsdiagramms:

  M273  M278 Unterschied
1.000 u/min  42 kW  48 kW  15% 
1.600 u/min  77 kW  101 kW  30% 
2.000 u/min  101 kW  126 kW  24% 

Der M278 hat also in dem Bereich bis zu 30% Mehrleistung als der M273 anliegen.Anders ausgedrückt - der M278 drückt bei 1.600 u/min schon so, wie der M273 erst bei 2.000.

2. Vollgas

Nun, vielen mag egal sein, wie der Motor bei niedrigen Drehzahlen zu Werke geht - schließlich fährt man ja Automatik. Also wie sieht es bei den für das Durchbeschleunigen relevanten Drehzahlen aus?

Bei beiden Triebwerken kommt eine Automatik mit identischer Übersetzung / Hinterachsgetriebeübersetzung zum Einsatz. Auch sind die Schaltsdrehzahlen vergleichbar. Es ergeben sich folgende Drehzahlsprünge:

Schaltvorgang  Drehzahl im neuen Gang 
1->2  4.000 u/min 
2->3  4.150 u/min 
3->4  4.400 u/min 
4->5  4.600 u/min 

Relevant ist also der Drehzahlbereich von 4.000 u/min bis 6.300 u/min. Ein Blick ins Leistungsdiagramm ergibt folgendes Bild:

Drehzahl
[u/min]
Leistungsvorteil M278 
4.000  40 PS 13 %
4.500  45 PS  13 %
5.000  40 PS  11 %
5.500  28 PS  7 %
6.000  19 PS 5 %
6.500  19 PS  5 %

Damit kann man festhalten, dass mit Steigender Drehzahl der Vorteil des M278 auf dem Papier schmilzt.

IV. Fahrpraxis

Stellt man beide Fahrzeuge gegeneinander und sucht den Vergleich, so ergeben sich gewisse Unterschiede.

1. Rahmenbedingungen

Gefahren wurde von uns ein 500er BiTurbo 4matic gegen einen 500er Sauger mit Hinterradantrieb. Insofern spielt natürlich ein Unsicherheitsfaktor - die zusätzlichen Allradverluste und das Zusatzgewicht des Allradantriebes mit hinein. Auch war der BiTurbo nur mit zwei Personen besetzt, der Sauger hingegen mit drei. Dafür verfügte der BiTurbo über das Panoramadach und die AHK - also ~80kg durch Ausstattung mehr, was den Unterschied egalisieren dürfte.

2. Die Testläufe

Beschleunigt man aus dem Stand, ist der Sauger nur bedingt konkurrenzfähig. Zum einen bettelt er um Traktion - ein Problem, dass der BiTurbo nicht hat. Aber selbst wenn es keinen hörbaren Schlupf beim Sauger gibt, schießt der BiTurbo auf den ersten Metern nach vorne.

Im zweiten Anlauf wurde der BiTurbo in Fahrstufe zwei gezwungen (manueller Modus). Nun kann der Sauger sofort aus dem Stand eine Wagenlänge gutmachen, die der BiTurbo bis 100km/h jedoch nicht nur wieder kassiert hat, sondern sogar noch einen kleinen Vorsprung ausgebaut hat.

Beim Beschleunigen bei höherem Tempo zieht der Biturbo minimal dem Sauger weg.

Unter dem Strich sind jedoch beide Fahrzeuge pfeilschnell und etwaige Unterschiede sind sicherlich im Alltag vernachlässigbar.

3. Versuch der Erklärung des Erlebten

Warum zieht der BiTurbo minimal weg - trotz Allradverlusten, die ja eigentlich den nominell kleinen Leistungsvorteil egalisieren sollten?

Betrachten wir zwei Geschwindigkeiten:

Geschwindigkeit  Gang Drehzahl
162km/h  4. Gang 4.600 u/min
224km/h  5. Gang 4.600 u/min

Bestimmt man nun die mögliche Beschleunigung bei dieser Geschwindigkeit unter Berücksichtigung des Mehrgewichts des 4matic BiTurbos (+155kg) und der mutmaßlich (7gTronicPlus könnte dies jedoch kompensieren!) höheren Verlustleistung (+2%), so ergibt sich (P ist die Leistung, die noch zum Beschleunigen frei ist, a ist die Beschleunigung):

Geschwindigkeit
[km/h]
M273  M278  Unterschied
P
[kW] 
a [m/s²] P [kW] a [m/s²]
162  196 2,38  227 2,54  6,9% 
224  123 1,08  144 1,16  7,7% 

Der BiTurbo beschleunig also trotz Allrad etwas besser. Bedenkt man weiterhin, dass es sich bei dem M278 um eine leistungsreduzierte Variante handelt und der Motor baugleich zum 455 PS Modell ist, so ist natürlich auch eine Leistungsstreuung nicht auszuschließen.

V. Eindrücke fernab der Fahrwerte

1. Sound 

Während der M273 im W211 mit Sportpaket noch absolut V8-lastig und bassig blubbernd klang, ist die Abgasanlage im W212 leider völlig weggedämpft. Der Auspuff ist praktisch lautlos - fast der gesamte Sound kommt vom Motor. Einzig ein leichtes Rauschen mischt sich bei sehr hoher Last vom Auspuff hinzu. Ein unglaublicher Rückschritt zum W211. Allerdings klingt der Motor fantastisch wie eh und je. Laufruhig, sanft surrend im Leerlauf - so stellt man sich einen V8 vor.

Anders der M278. Hier rasselt und klappert es. Neben der Steuerkette sind vor allem die Einspritzventile im Stand gut hörbar - es kommt keinesfalls V8-Feeling auf, sondern bestenfalls Diesel-Erinnerungen. Unter Last mischt sich ein buntes Turbopfeifen (nur bei geöffneten Fenstern oder von außen hörbar) hinzu. Zwar ist Mercedes bei der Auslegung der Abgasanlage etwas mutiger geworden, blieb aber noch immer weit hinter dem 211er zurück. Insgesamt wirkt der Sound der M278 deutlich weniger wertig und hat so negativen Einfluss auf das Fahrerlebnis.

2. Ansprechverhalten

Aufgrund der höheren Leistung bei niedrigen Drehzahlen und vor allem der deutlich spontaneren und schneller schaltenden 7g-TronicPlus (gegenüber der 7g-Tronic), wirkt der M278 im Alltag deutlich agiler. Das gibt insbesondere, wenn er aus dem Tiefschlaf geweckt wird - also bei plötzlicher Leistungsanforderung bei niedriger Drehzahl. Auch bei hohem Tempo muss der M278 kaum zurückschalten und wirkt so nochmals deutlich souverainer.

3. Verbrauch

Ein abschließendes Urteil ist mir hier noch nicht möglich. Im Vergleich zum S211 (!) mit M273 verbraucht der W212 M278 4matic (!) ca. 1,5 l/100km weniger. Dieser Unterschied ergibt sich jedoch nur im Stadtverkehr und auf der Landstraße. Auf der Autobahn sind keine nennenswerten Unterschiede erkennbar (Konstantfahrt: Wird digital mit viel Beschleunigung / Verzögerung gefahren, wird der M278 wieder sparsamer).

VI. Fazit

Mit beiden Motoren macht man nichts falsch. Sie sind fantastisch, bieten Leistung im Überfluss und haben dabei annehmbare Trinksitten. Ein Minuspunkt ist sicherlich ein Stück weit die Emotionalität, die gegenüber dem 211er bei beiden gelitten hat - beim M278 jedoch deutlich mehr. [JG]

Langzeittest
Mercedes E 500

Weitere Details zum E500 finden Sie im: